Studiendesign
Die gemischte Kunststoffsammlung in Muttenz wird seit Mai 2020 auf Antrag der Gemeindeversammlung als Holsammlung mit 35 Liter Säcken in einem Pilotversuch durchgeführt. Für die Auswertung der Pilotphase wurde die Firma Carbotech AG mit einer Ökobilanzstudie spezifisch für die Muttenzer Sammlung beauftragt. Raymond Schelker hat als Experte für die realcycle GmbH (damals REDILO GmbH) die manuelle Sortierung und Analyse der Sammelsäcke organisiert und durchgeführt.
Die Studie sollte im Grundsatz folgende Fragen beantworten:
- Lohnt sich die separate Kunststoffsammlung Muttenz aus ökologischer Sicht?
- Lohnt sich die separate Kunststoffsammlung Muttenz aus ökonomischer Sicht?
- Haben andere Szenarien (Bring- statt Holsammlung, anderer Verwertungsweg) einen höheren ökologischen Nutzen als das jetzige Szenario?
Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine eigene Analyse der Kunststoffsammelsäcke in Muttenz durchgeführt. An drei Sammeltagen wurden je 50 Kunststoffsammelsäcke manuell aussortiert, verschiedenen Kunststofffraktionen zugeteilt und gewogen. Die Mengen und die sortierten Kunststoffarten dienten als Grundlage für die Ökobilanzrechnung. Die Bewertung der Umweltauswirkungen erfolgte mit der Methode der ökologischen Knappheit (MöK). Als Referenzszenario diente die Verbrennung der Kunststoffe in der Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Basel. Der Umweltnutzen wird als Einsparung von Umweltbelastungspunkten (UBP) ausgedrückt.
Ergebnisse Ökobilanzstudie von Carbotech:
Die Ergebnisse der Sortierung zeigen eine sehr gute Sammelqualität. Die Sammelsäcke enthielten lediglich 1.5% Fremdstoffe. 60% der Stoffe konnten allerdings keiner spezifischen Kunststoffart zugeordnet werden, rund 25% davon können erfahrungsgemäss problematische Additive (Weichmacher, Brandschutzmittel, Stabilisatoren) enthalten. Diese Stoffe sind zum Beispiel in Büromaterialien oder Gartenmöbeln, aber auch in Kinderspielsachen zu finden. Im Recycling sind diese Stoffe problematisch, da sie im Stoffkreislauf verbleiben und damit in die Umwelt gelangen können.
Bei den geprüften Szenarien der Ökobilanzstudie (Bring- oder Holsammlung, Entsorgung der Reststoffe in einem Zementwerk oder in der Kehrichtverwertungsanlage) resultiert unter den getroffenen Annahmen ein unterschiedlich grosser ökologischer Nutzen der Kunststoffsammlung in Muttenz. Die Verwertung der Reststoffe in einem Zementwerk ergeben dabei jeweils einen höheren ökologischen Nutzen als die thermische Verwertung in der KVA Basel. Im Durchschnitt werden die Reststoffe zu 75% in Zementwerken und zu 25% in KVA’s energetisch verwertet. Die Muttenzer Kunststoffsammlung ergibt einen Umweltnutzen von ca. 1.35 Mio. UBP pro Tonne.
Was bedeutet dieser ökologische Nutzen für die Bevölkerung von Muttenz?
Ein Vergleich: Wenn eine vierköpfige Familie in Muttenz ein Jahr lang Kunststoffe sammelt und alle vier Wochen einen 35 Liter Sack füllt, spart sie in diesem Jahr ca. 25’000 UBP ein. Die gleiche Einsparung könnte die Familie erreichen, indem sie auf den Konsum von 220 Gramm Rindfleisch (55 Gramm/Person) oder eine Autofahrt von knapp 50 km verzichtet. Mit der separaten Kunststoffsammlung kann ein äusserst bescheidener ökologischer Nutzen erreicht werden, womit die erste Frage beantwortet wäre.
Die Kostenanalyse der Kunststoffsammlung in Muttenz zeigt ein jährliches Defizit von rund CHF 40’000, da nur 45% der Kosten durch den Verkauf der Sammelsäcke gedeckt werden. Für eine vollständige Kostendeckung müsste der Preis pro Sack verdoppelt werden. Die Ökoeffizienz der Sammlung, gemessen als Verhältnis von ökologischem Nutzen zu den Kosten, ist im Vergleich zu anderen Recyclingsystemen wie PET-Flaschen oder Aludosen gering. Dies bedeutet, dass hohe Kosten anfallen, um relativ wenig Umweltbelastung zu reduzieren.
Zudem wurde die Methode der ökologischen Knappheit angewandt. Sie bewertet die Umweltbelastung durch die Ermittlung von Umweltbelastungspunkten (UBP). Die Kunststoffsammlung in Muttenz erzielt zwar einen ökologischen Nutzen, doch dieser bleibt gering. Alternative Sammelszenarien wie Bringsysteme oder andere Verwertungswege zeigen keinen signifikant höheren ökologischen Vorteil. Trotz der möglichen Verwertung der Kunststoffe im Zementwerk bleibt die Kunststoffsammlung aus ökonomischer Sicht defizitär und weist eine niedrige Ökoeffizienz auf.
Die ganze Studie kann hier nachgelesen werden.
Ansprechperson
Dr. Melanie Haupt (melanie.haupt@realcycle.ch, +41 44 537 82 80)
Projekt von Raymond Schelker
Auftraggeberinnen
Carbotech AG
Gemeinde Muttenz